31 Bertault ist von Künstlerinnen von Fiona Apple bis Lauryn Hill und Björk inspiriert. „Ich liebe es zu spüren, dass sie wirklich etwas Einzigartiges schaffen und nicht versuchen, etwas zu imitieren.“ Ihr eigener Stil lasse sich nur schwer in eine Schublade stecken: „Er besteht aus vielen Zutaten. Ich war schon oft in Brasilien und habe mit zahlreichen brasilianischen Musiker*innen gespielt. So ist auch diese Musik Teil meiner Wurzeln. Meine Zutaten sind Rhythmus, klassische Musik, Shuffle, Tanz, Improvisation, Freiheit und das Erzählen von Geschichten.“ Ida Sand: Improvisatorische Freiräume Die 1977 in Stockholm geborene Kristina Sandlund tritt unter ihrem Künstlerinnennamen Ida Sand auf. Die schwedische Jazz- und Soulsängerin, Songschreiberin und Pianistin, Tochter eines Opernsängers und einer Kirchenmusikerin, begeistert mit ihrer einfühlsamen Stimme. Entdeckt wurde sie von dem schwedischen Posaunisten Nils Landgren, mit dem sie bereits mehrere Alben einspielte. Ida kommt mit ihrem schwedischen Trio, gemeinsam mit dem Bassisten Dan Berglund, der schon im Esbjörn Svensson Trio spielte, und dem ABBA-Schlagzeuger Per Lindvall. Sie selbst sagt über sich, sie stehe mit jeweils einem Bein in verschiedenen musikalischen Welten: „Meine musikalische Sprache lehnt sich mehr an Soul und Blues an, aber die improvisatorischen Freiräume sind definitiv jazzy.“ Olivia Trummer: Klassik und Improvisation Klassische Musik, die auf Jazzimprovisation trifft, sind die Zutaten der 1985 in Stuttgart geborenen Sängerin und Pianistin Olivia Trummer. Im vergangenen Jahr nahm sie in New York ein neues Soloalbum auf. Im ausführlichen Interview weiter hinten im Magazin berichtet Olivia Trummer über diese Aufnahmen und ihre Zusammenarbeit mit dem Produzenten Russ Titelman, der schon mit Nancy Sinatra und Ry Cooder gearbeitet hat und für Unplugged von Eric Clapton mit einem Grammy ausgezeichnet wurde. Becca Stevens: Jazz und der Folk der Appalachen Wie Jazz auch klingen kann, zeigt die 1984 in North Carolina geborene Sängerin und Gitarristin Becca Stevens auf ihrer neuen Veröffentlichung Maple to Paper. Aufgewachsen mit der Familienband Tune Mammals und in der Zusammenarbeit mit Jazzmusiker*innen wie Brad Mehldau, Brian Blade oder Gretchen Parlato, zeigt die Stimme der mehrfach Grammy-nominierten Sängerin, die von der Jazzzeitschrift DownBeat als „Rising Star Female Vocalist“ ausgezeichnet wurde, ihre frühen Einflüsse von Folk und Indie-Rock. Nur begleitet von ihrer Gitarre, ist das Album eine intime, verletzliche Begegnung mit Leben und Tod in einer Zeit, als ihre Mutter starb, während sie selbst Mutter wurde. Das Titelstück des in ihrem Heimstudio in New Jersey aufgenommenen Albums handelt vom Vergehen und Werden, über einen Ahornbaum, der zu Papier wird. Sie berichtet, sie sei mit irischer Folk- und AppalachenMusik aufgewachsen. Die Musik dieser Gebirgsregion im Osten der USA, die sich aus verschiedenen europäischen und afrikanischen Einflüssen entwickelte, fühle sich für sie wie ein Zuhause an. Wenn sie an die Landschaft denke, insbesondere an die Berge im Westen von North Carolina in der Nähe ihres Geburtsortes, fühle sie sich zutiefst inspiriert und mit ihren Wurzeln verbunden. Andreas Schaerer: Experimentell mit alpinen Roots Einen experimentellen Zugang zur Stimme als Instrument hat der 1976 geborene und im Emmental aufgewachsene Schweizer Andreas Schaerer, der sich zwischen Jazz, Beatbox und Hip-Hop verortet. Schon als Kind habe er auf der Alm beim Schafehüten oft stundenlang mit seiner Stimme experimentiert und auf seinem Kassettenrekorder erste Hörspiele und Kompositionen entwickelt, wie etwa Duo für Nähmaschine und Mundharmonika. Bekannt wurde Schaerer durch seine Avantgarde-Jazzband Hildegard lernt fliegen mit Einflüssen aus Punk, Ska, Swing und Balkan-Brass, mit der er auch beim Jazzfest Bonn debütierte. Nun stellt Schaerer im Pantheon sein neues Album Anthem For No Manʼs Land vor. Über den Titel sagt er: „Normalerweise ist ein Anthem eine Nationalhymne, aber wir wollten keine Hymne für eine Nation schaffen, sondern für Räume, die nicht territorial sind, sondern integrativ und offen.“ Auf diesem Album singe er in keiner Sprache, die einer Nation zugeordnet werden kann. „Das hat dann dazu geführt, dass ich zum Teil gänzlich ohne Worte singe.“ Schaerer spielt seit langem im Duo mit dem Schweizer Schlagzeuger Lukas Niggli. „Hier arbeiten wir in einem kammermusikalischen Setting an einer Art elektronischer, experimenteller, ritueller Musik. Diese Pole wollten wir mit weiteren Musikern ausloten.“ So entstand das Quartett A Novel Of Anomaly mit dem Akkordeonisten Luciano Biondini und dem Gitarristen Kalle Kalima sowie das mittlerweile zweite Album mit starken alpinen Einflüssen. „Ich jodle relativ viel“, sagt Schaerer, der auch im Gespräch immer wieder anfängt zu singen. Gleichzeitig habe die Aufnahme Elemente von Psychedelic Rock. „Das“, so Schaerer, der an der Hochschule Bern Gesang unterrichtet, „wird ein ziemlicher Flash“. ‹ Wo und wie hörst du am liebsten Musik, Vana Gierig? fr 9 mai Vana Gierig Trio Pantheon Am liebsten höre ich Musik auf meiner Terrasse im East Village von Manhattan. Die unerwartete Ruhe zwischen Pflanzen und Vogelgezwitscher geht in einen wunderbar grünen und ebenfalls etwas versteckten Community Garden über, der die Idylle weiterführt. Die voll bepflanzte Terrasse ist groß, so dass ich hier sogar eine KonzertSerie angefangen habe – während der Pandemie. Diese Konzerte sind inzwischen beliebt, sie sind immer ausverkauft. Zum Musikhören kann ich mir drei Plätze aussuchen, je nachdem, in welcher Stimmung ich gerade bin – unter meinem Baum, der vom Erdgeschoss aus durch den Boden der Terrasse hochwächst; auf einer freien Bank gegenüber; oder in der Hängematte ganz im Grünen, von der ich weiter in den Community Garden sehen kann.
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