43 keiten in unterschiedlichen Richtungen, trat als improvisierender Solist auf, mit Jazzensembles, andererseits als Solist mit klassischer Orchesterbesetzung und entsprechenden Werken. Beim Jazzfest Bonn war er bereits 2024 mit einem Solorepertoire zu Gast. Dieses Mal spielt er mit dem italienischen Trompeter Paolo Fresu ein Duokonzert im Bonner Münster. Sie kombinieren französische und italienische Lieder, Jazzstandards und eigene Stücke. Komponiert wurden die Originale zwar meist für das langjährige Trio Mare Nostrum mit Jan Lundgren am Klavier, lassen sich aber im Duo neu interpretieren. „Akkordeon und Trompete in einer Kirche, das lässt eine Menge Möglichkeiten“, so Galliano im Telefoninterview. Er hat in dieser Besetzung schon über Jahrzehnte immer wieder gearbeitet, insbesondere mit Chet Baker, Enrico Rava und Wynton Marsalis. Auf seinen inzwischen ebenfalls langjährigen Duopartner Fresu hält er große Stücke. Zwei renommierte Künstler der europäischen Szene treffen da aufeinander. Angesichts des diesjährigen Leitthemas des Magazins zettbe: stellt Galliano fest: „Das Zuhören ist das Wichtigste in der Musik“ und ergänzt mit Blick auf die musikalische Richtung: „Im Jazz muss man zuhören. Man hat wenig Notiertes, nur die Themen und Harmonien.“ Canzone bis World Jazz: Luciano Biondini Ebenfalls beim Jazzfest Bonn spielt Luciano Biondini aus dem italienischen Spoleto, der wiederum Galliano als eines seiner Vorbilder nennt. Er lernte klassisches Akkordeon, trat früh als Solist auf und erhielt in jungen Jahren verschiedene Auszeichnungen in der Szene, etwa den Premio Internazionale della Fisarmonica oder die Trophée Mondial de l‘Accordéon. Ab seinen 20ern wandte er sich als Solokünstler und Ensemblespieler dem Jazz zu. Neben Kooperationen mit Enrico Rava, Mirco Mariottini, Lucas Niggli, Michel Godard und Javier Girotto spielte er in näher an World Jazz und Weltmusik orientierten Besetzungen mit Oudvirtuose Rabih Abou-Khalil oder Sitarspieler Klaus Falschlunger. In Bonn konzertiert er mit dem Quartett A Novel Of Anomaly, in dem neben ihm Andreas Schaerer, Kalle Kalima und Lucas Niggli vertreten sind. „Jeder der Musiker schreibt Stücke für diese Band“, berichtet der Künstler im Interview. Sie loten die Möglichkeiten der Verknüpfung von Akkordeon, Gesang, Gitarre und Schlagzeug sowie verschiedener stilistischer Einflüsse aus. „Es gibt komponierte Parts, aber dann besteht immer die Möglichkeit, zu improvisieren“, so Biondini. Damit bietet ihm das Ensemble Raum, in solistischen Passagen auch das Akkordeon zu featuren. Frei improvisiert: Simone Zanchini Aus dem kleinen italienischen Ort Novafeltria kommt Simone Zanchini, der zuletzt im November 2024 beim Jazzfest Bonn Intro im Bonner Münster gespielt hat. Jetzt bringt er ein Solorepertoire mit zum Festival. Einen kompletten Auftritt allein mit dem Akkordeon und elektronischen Ergänzungen auf die Bühne zu bringen, schätzt Zanchini sehr. Nicht umsonst hat er bereits drei Soloalben aufgezeichnet. „Ich liebe es wirklich, solo zu spielen“, so der Künstler. „Ich kann dabei alle Arten von Musik mischen, die ich in meinem Leben gespielt habe.“ Und das sind einige, angefangen von klassischem Repertoire über Jazz, Balkanmusik und Folk bis zu Zeitgenössischem und Elektronischem. Frei improvisierte Passagen haben dabei einen hohen Stellenwert und machen einiges von der Originalität der Musik aus. In Ensembles ist das ähnlich, etwa in Trios mit Angelika Niescier und Stefano Senni oder mit John Patitucci und Adam Nussbaum. Für eine Interpretation ausgewählter Filmmusik von Nino Rota trat Zanchini als Solist mit der hr-Bigband auf. Mit Art van Damme und Frank Marocco musizierte er ebenfalls schon. Das Repertoire fürs Jazzfest ist eine etwa 70-minütige Suite, die in weiten Teilen improvisiert und damit bei jedem Konzert anders ist. Erkennbare Kompositionen, etwa von Duke Ellington und Charlie Parker, sind aber ebenfalls mitverarbeitet. Dann sind da die Electronics und Effekte, die der Musiker vor allem für die Solosituation seit Jahren verwendet. „Das Akkordeon hat viele Möglichkeiten“, resümiert er dazu. „Es ist ein Orchester in einer Box. Für einen modernen Sound ist das aber nicht genug. Deswegen hatte ich ab einem Punkt den Bedarf, zusätzliche Sounds zu ergänzen.“ Im Vergleich zu früheren Repertoires mit vielen Electronics und Effekten in der Musik ist deren Anteil inzwischen gesunken, und daher heißt die Suite Almost Acoustic. Und auf jedes Konzert gibt es weitere essentielle Einflüsse, wie der Akkordeonist beschreibt: „Das Publikum, der Ort, die Atmosphäre die Umgebung, alles.“ ‹ Wo und wie hörst du am liebsten Musik, Markus Stockhausen? do 22 mai Markus Stockhausen Group LVR-LandesMuseum In meinem Musikraum stehen zwei Naturschallwandler, das sind außergewöhnliche Lautsprecher mit einem sehr natürlichen Klang. Darauf höre ich am liebsten Musik. Oft ist es ein Abhören von eigenen Aufnahmen. Danach kommen Aufnahmen anderer Musiker, die sie mir schenkten. Das sind echt viele, ich komme kaum nach. Und jetzt habe ich mir sogar einen Top-Plattenspieler geleistet, weil mein letztes Album Celebration auch als LP erschien. Das macht Laune … aber auch alte Platten kommen wieder hervor, zum Beispiel von Pierre Boulez mit Musik von Anton Webern, oder die Musik des indischen Flötenspielers Hariprasad Chaurasia. Am liebsten aber höre ich Musik live, und zwar in Situationen mit anderen Musikern. Denn da kommt alles auf das Hören an. Ich erlebe die Klänge der anderen wie meine eigenen. Alles ist ja ein Klang, auch wenn er aus verschiedenen Quellen (Instrumenten) kommt. Sofort ist es ein Klang, und er macht etwas mit mir. Bewusstes Spielen, Gestalten – alles hängt vom Hören ab – und dann natürlich von den Ideen, der Gestaltungskraft und dem Können aller beteiligten Musiker. Ein unendliches Lernfeld bei jeder musikalischen Begegnung – und es macht unglaublich viel Freude.
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